Ternitz … eine junge Stadt

Es war das Wasser der Sierning und der Schwarza, welches ausschlaggebend dafür war, dass sich Betriebe auf historischem Ternitzer Grund ansiedelten. Ein Hammerwerk, Mahl- und Sägemühlen und ein Pulverwerk bereicherten den kleinen Ort. Bis im Mai 1842 der Bahnstreckenteil Neunkirchen-Gloggnitz eröffnet wurde, der sich als sehr bedeutungsschwer für die weitere Entwicklung erwies. Einer, der dem Ruf der Industrialisierung folgte, war Franz Miller sen., Inhaber der Firma „Martin Miller & Sohn, k.k. priv. Stahlwarenfabrikant zu Gumpendorf“. Er suchte im März 1846 um die Genehmigung zur Errichtung eines kleinen Hammers und einer Schleife an. Es war die „Gründung“ der späteren Schoeller-Bleckmann Stahlwerke. Unter dem Namen „Theresienhütte“ (nach dem Namen seiner Gattin) betrieb Franz Miller zehn Jahre das Werk, bis er es aufgrund von Geldproblemen an Baron Karl Ludwig Freiherr von Reichenbach verkaufen musste. 1862 ging es letztendlich an Alexander Ritter von Schoeller, der den Betrieb zu seinem späteren Erfolg führen sollte.
Das Werk wuchs rasch. Es gab ein „altes oberes Werk“ auf St. Johann
er Gebiet und ein „unteres Werk“ im Mündungsgebiet der Sierning in Dunkelstein. Die Arbeiter waren bald zu wenig, infolgedessen wurden neue Arbeitskräfte in Ternitz angesiedelt. Es entstanden die Arbeitersiedlungen „Gimpelinsel“ und „Walddörfel“.

Das „zerteilte“ Ternitz

Die Ortschaften wuchsen und wuchsen, doch noch immer gab es keine gemeinsame Verwaltung. 1890 lebten in Unter-Ternitz 939, in Dunkelstein 1.585 und in Oberternitz 891 Menschen. Schon alleine die „Schoeller & Co AG“ besaß damals 65 Arbeiterhäuser. Sechs Jahre später trat die Bezirkshauptmannschaft erstmals an die Gemeinden Dunkelstein, Rohrbach und St. Johann heran, eine Großgemeinde zu bilden. Eine zufriedenstellende Lösung für alle drei Gemeinden schien jedoch noch nicht in Sicht. Im Jahr 1901 wurde das Rathaus in Dunkelstein fertiggestellt, um den angestiegenen Verwaltungsaufgaben gerecht zu werden. Ternitz war zerteilt – daran gab es nichts zu rütteln. Eine erste Verbindung war der Watschinger-Steg, der zwar aus kaufmännischen Gründen errichtet wurde, jedoch erstmals für eine Überbrückung der Bahn sorgte.

Während des ersten Weltkrieges wurde das Ternitzer Werk auf Rüstungsproduktion umgestellt. 1917 waren 3.771 Arbeiter beschäftigt. Mehr als 600 Kriegsgefangene und Internierte waren am Ende des Krieges im Werk eingesetzt. Nach dem Krieg lag die Wirtschaft in Österreich brach. 1924 erfolgte die Fusion mit den Bleckmann-Werken in Mürzzuschlag. Die Bezeichnung des Unternehmens lautete nun „Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG“.

Im Jahr 1922 war es soweit, die drei Gemeinden Dunkelstein, Rohrbach und St. Johann konnten endlich eine gemeinsame Lösung finden. Einem Zusammenschluss stand nichts mehr im Wege. Nach den Neuwahlen am 3. Juli 1923 wurde als erster Bürgermeister der Großgemeinde Josef Wochesländer, Schuldirektor und vormaliger Bürgermeister von Dunkelstein, bestätigt.

Schwierige Zeiten kamen, wie auch anderorts, nach 1938 auf die Ternitzer zu. Die Betriebe wurden auf Rüstungsindustrie umgestellt, in der Geschoßfabrikation von Schoeller wurden Granaten, Gaswerferrohre und vieles mehr hergestellt. Beliefert wurde außerdem die Auto- und die Flugzeugindustrie. Eine großzügige Erweiterung des Betriebes war Folge des Aufschwunges für Schoeller. Im Jahr 1944 arbeiteten 6.135 Menschen im Ternitzer Werk. Fast die Hälfte der Arbeiter kamen aus dem Ausland, waren Zwangsarbeiter und in Lagern in Blindendorf, Rohrbach und Raglitz untergebracht. Ternitz befand sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges unter russischer Besatzung.

Ähren und Hämmer als Zeichen für Landwirtschaft und Industrie

1948 wurde Ternitz zur Stadt erhoben. In der Gemeinde lebten mittlerweile 8.141 Personen. Als Stadtwappen wählte man die gekreuzten Hämmer als Zeichen der beheimateten Wirtschaft und die verbundenen Ähren, die die Ortsteile Unter-, Mitter-, Oberternitz, Dunkelstein, Rohrbach, St. Johann und Mahrersdorf versinnbildlichen sollten. Am 15. August 1948 fand im Kino des Bildungsvereins eine große Festveranstaltung statt, mit dabei Bundespräsident Dr. Karl Renner, der dem damaligen Bürgermeister Franz Dinhobl die Stadterhebungsurkunde überreichte. Zeitgleich wurde die neue Sportanlage eröffnet, der Arbeiterturnverein organisierte eine große Leistungsschau.
Die wirtschaftliche und politische Situation der Nachkriegszeit brachte die Verstaatlichung eines Großteils der österreichischen Industrie mit sich. Teile des Schoeller-Bleckmann-Werkes waren stillgelegt, Maschinen von den Russen abtransportiert worden. Philipp von Schoeller befand sich nach Ende des Krieges in Untersuchungshaft. 1948 wurde die „Eisenholding Ges.m.b.H.“ geschaffen. Schoeller-Bleckmann erhielt 300 Millionen Schilling an staatlicher Hilfe. Ab 1945 setzte ein Wiederaufbauprogramm ein, neue Maschinen wurden angeschafft, die Produktion angekurbelt. Anfang der 50er Jahre begann die Erzeugung von Anlagen und Werkzeugen für die Tiefbohrtechnik. Die Industrie erlebte einen Aufschwung, am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet, die Besatzungszeit war damit zu Ende.
Die 50er Jahre brachten viel Neues mit sich. In Ternitz wurde gebaut – die Herz-Jesu-Kirche, die Stadthalle, das Freibad, die Hauptschule und zahlreiche neue Wohngelegenheiten. Doch das war nicht genug – Ternitz sollte noch größer werden. Ab 1. Jänner 1969 gehörten auch Sieding und Flatz zur verwaltungsmäßigen Einheit von Ternitz. 1974 kamen Raglitz und Pottschach noch hinzu. Die neue Großgemeinde hatte nun 16.352 Einwohner. Gemeindeoberhaupt wurde der damalige Pottschacher Bürgermeister Franz Samwald. 1984 wurde das neue Verwaltungszentrum, das heutige Stadtamt, bezogen.

Stahlindustrie im Wandel

1973 kam es zur Fusion, VOEST fusionierte mit der Alpine und Schoeller-Bleckmann und Böhler wurden zu Tochtergesellschaften. 1974 musste das Block- und Stabswalzwerk stillgelegt werden. 1975 erfolgte die Gründung der Vereinigten Edelstahlwerke (VEW), mit dabei die Gebrüder Böhler und Co AG, Schoeller-Bleckmann und die Steirischen Gussstahlwerke AG (Styria). 1981 schloss der Gießereibetrieb, zuvor waren schon 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt worden. Die Situation verschlechterte sich immer mehr, 1984 wurden 90 Personen gekündigt, 300 Arbeitnehmer frühpensioniert und 1.480 waren von der Kurzarbeit betroffen. Nachdem der Beschluss, auch das Stahlwerk stillzulegen, gingen 6.000 Demonstranten auf die Straße. 1986 kam das endgültige Aus für das Herz des Betriebes. Der Beschäftigungsstand hatte sich mittlerweile von 4.180 Personen im Jahr 1980 auf 1.806 Mitarbeiter im Jahr 1988 reduziert. Nach der Zerschlagung der VEW hieß das Werk wieder Schoeller-Bleckmann, die drei großen Produktionsfelder waren die Nahtlosrohrerzeugung, die Ölfeldtechnik und der Apparatebau. 1990 wurde die Schoeller-Bleckmann Medizintechnik gegründet, als letztes wurde das Rohrwerk 1995 privatisiert und läuft nun unter dem Namen Schoeller-Bleckmann Edelstahlrohr GmbH.